Vierte Reinigungsstufe

Glossar der ETL Verfahrenstechnik GmbH

Die vierte Reinigungsstufe in der Abwasserbehandlung zielt auf die Entfernung von Mikroverunreinigungen und Mikroverschmutzungen ab. Diese Mikroverunreinigungen, auch als Spurenstoffe bezeichnet, sind organische Rückstände, freigesetzt von synthetischen Verbindungen. Dazu gehören Stoffe wie Röntgenkontrastmittel, Medikamente, Hormone, Pflanzenschutzmittel und Industriechemikalien sowie Alltagsprodukte wie Kosmetika und Haushaltschemikalien.

Obwohl diese Stoffe im Wasser nur in sehr geringen Konzentrationen (ng/l oder μg/l) vorkommen, können sie potenziell wasser- oder gesundheitsgefährdend sein. Viele Mikroverunreinigungen überschreiten die von der Europäischen Wasserqualitätsrichtlinie vorgeschriebenen Konzentrationen. Diese Verunreinigungen gelangen meist über die Kanalisation und Kläranlagen in die Oberflächengewässer, da sie durch herkömmliche Klärverfahren wie mechanische und biologische Reinigung nicht ausreichend entfernt werden.

Die Einführung der vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen soll zukünftig Mikroverunreinigungen gezielt bekämpfen. In der Schweiz ist seit Anfang 2016 ein Gewässerschutzgesetz in Kraft, das die vierte Reinigungsstufe für große Kläranlagen oder Anlagen an besonders belasteten Gewässern vorschreibt. In Deutschland hat das Umweltbundesamt 2014 gefordert, dass auch hier eine vierte Behandlungsstufe in Kläranlagen eingeführt wird, insbesondere für Anlagen, die in empfindliche Gewässer einleiten. Bisher fehlt jedoch eine gesetzliche Grundlage ähnlich wie in der Schweiz.

Derzeit spielen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle im Umweltschutz und haben Kompetenzzentren für Mikroverunreinigungen eingerichtet. Diese Zentren führen wissenschaftliche Arbeiten und Machbarkeitsstudien durch und unterstützen Pilotprojekte sowie die großtechnische Umsetzung der vierten Reinigungsstufe.

Zwei Verfahren haben sich für die vierte Reinigungsstufe als besonders geeignet erwiesen: das Adsorptionsverfahren mit Aktivkohle und die Ozonierung.

Aktivkohle-Verfahren
Beim Aktivkohle-Verfahren wird dem Abwasser Aktivkohle zugesetzt, die Mikroverunreinigungen durch Adsorption an ihrer Oberfläche bindet. Nach einer bestimmten Zeit wird die beladene Aktivkohle entfernt und entweder verbrannt oder regeneriert. Je nach Korngröße unterscheidet man hier zwischen granularer Aktivkohle (GAK) und pulverförmiger Aktivkohle (PAK).

Ozonierung
Die Ozonierung ist ein oxidierendes Verfahren, bei dem Ozon mit Mikroverunreinigungen reagiert und diese in ungiftige und abbaubare Bestandteile umwandelt. In der Regel folgt auf die Ozonierung eine nachgeschaltete Filtration, die sowohl die Reaktionsprodukte als auch toxische Rückstände aus dem Abwasser entfernt.

Messtechnik für die vierte Reinigungsstufe
Die Messtechnik für die vierte Reinigungsstufe spielt eine wichtige Rolle, da die Bestimmung hunderter verschiedener Substanzen sehr aufwendig und kostspielig ist. Ersatzparameter wie der Spektrale Absorptionskoeffizient (SAK), der am häufigsten verwendet wird, geben Hinweise auf die Reinigungsleistung.